„Wir können nicht mehr so weitermachen“
Ruf nach dem Konnexitätsprinzip

Es ist mindestens fünf vor zwölf: Städte, Gemeinden und Landkreise stehen finanziell mit dem Rücken zur Wand. Das kann und wird vielerorts dazu führen, dass Aufgaben nur noch eingeschränkt erfüllt werden können. Der Gemeindetag fordert daher grundlegende Reformen. Und nicht nur er.
Rottweil – Darauf machten der Rottweiler Oberbürgermeister Dr. Christian Ruf und seine Bürgermeister- und Kreistags-Kollegen Markus Huber (Dornhan) und Peter Schumacher (Dunningen) beim Pressegespräch aufmerksam. Sie bezogen sich dabei auch auf den Brief von Gemeindetags-Präsident Steffen Jäger an alle Bürgerinnen und Bürger in Baden-Württemberg.
Die Ausgaben steigen, so wurde im Gespräch klar, sowohl beim Landkreis als auch bei den Gemeinden. Und dabei geht es nicht um Investitionen. Sondern um Konsum-Ausgaben. Vor allem im Sozialhaushalt. Obwohl die Rezession schon zwei Jahre anhalte, werde im Sozialbereich ständig draufgesattelt. „Die Flüchtlinge sind nicht mehr das große Problem, sondern die Sozialstandards insgesamt“, meinte Huber zum Kreishaushalt. Der Landkreis, der keine eigenen Einnahmen hat, müsse dann die Kreisumlage erhöhen und so mehr Geld von den Kommunen holen. Aber die meisten Städte und Gemeinden hätten ohnehin ihrerseits Mühe, ihre Haushalte auszugleichen. „Je Prozentpunkt kostet das die Stadt Rottweil eine halbe Million“; sagte Ruf zur Erhöhung der Umlage. Und es werde nicht bei zwei Prozent bleiben, vermutete er. Rottweil müsse wohl über eine Million Euro mehr abdrücken.
Ruf nach dem Konnexitätsprinzip
Zusätzliche Aufgaben kommen durch die Ganztagesbetreuung an Grundschulen auf die Kommunen zu. Der Bundestag habe das so beschlossen. Allerdings ohne den Kommunen das nötige Geld dafür an die Hand zu geben, beklagten Schumacher und Ruf – für Personal, aber auch für Einrichtung. Hier wurde der Ruf nach Einhaltung des „Konnexitätsprinzips“ laut – das bedeutet kurz gesagt: Wer bestellt, soll auch zahlen. Rottweils OB hatte hier noch ein Beispiel, wie hier mit dem Geld der Kommunen umgegangen wird: Wenn drei Kinder einer Klasse eine Ganztagesbetreuung wollen, müsse eine Gruppe eingerichtet werden. Mit zwei Aufsichtspersonen. Könnte ja sein, dass eine Person ausfällt.
Viele Milliarden für die Kommunen?
Mit dem Schuldenpaket des Bundes stehen nun 100 Milliarden Euro für Länder und Kommunen zur Verfügung, sagte Schumacher. 13 Milliarden davon gingen nach Baden-Württemberg. Wenn das so verteilt wird wie vermutet, erhalte die Gemeinde Dunningen 650.000 Euro im Jahr. Das, so Schumacher, reiche bei weitem noch nicht einmal dafür, das Lehrschwimmbecken zu sanieren. Zweieinhalb Millionen für Rottweil, fügte Ruf hinzu, das klinge nach viel. Aber „wer weiß, was eine Brücke, ein Radweg kostet, der sieht, dass dies ein kleiner Betrag ist.“
Dass grundlegende Reformen nötig sind, darüber waren sich die drei mit dem Städtetagspräsidenten einig. In dessen Brandbrief heißt es: „Denn was wir erleben, ist nicht nur eine finanzielle Überlastung – es ist ein strukturelles Problem. Der Staat lebt über seine Verhältnisse – und das seit Jahren. Die Summe an staatlichen Leistungszusagen, Standards, Versprechen hat ein Maß erreicht, das mit den verfügbaren Ressourcen nicht mehr erfüllbar ist. Es braucht deshalb eine mutige Reform – strukturell und gesamtstaatlich.“
„Größtes Sparpaket“ im Anflug
Derzeit bleibe dem Städten und Gemeinden nichts anderes übrig, als weniger auszugeben und die Einnahmen zu erhöhen, sagte Ruf. Wobei: „Es sehen alle ein, dass man sparen muss. Aber doch nicht ausgerechnet hier?“
Was die Stadt Rottweil unternimmt? Am 12. November, so kündigte Ruf an, wird ein Maßnahmenpaket in Gemeinderat beraten. Es sei „das größte Sparpaket“, das der Gemeinderat je behandeln musste. Hier stünden auch lieb gewordene Standards auf der Streichliste, die der Gemeinderat behandelt wird. Das werde viele betreffen.